Die Ehe-Familien-Lebensberatung im Erzbistum Köln

Nichts ist mehr wie vorher - wenn eine chronische Erkrankung die Partnerschaft belastet

Wenn ein Partner lebensbedrohlich oder chronisch erkrankt, ist das eine große Herausforderung für die Beziehung. Planbarkeit und Selbstverständlichkeit gehen verloren, stattdessen treten Angst und Hilflosigkeit auf. Wie soll es weitergehen? Was kommt auf uns zu? Und wie lässt sich mit der Angst umgehen, den geliebten Menschen zu verlieren?

„Als meine Frau die Krebsdiagnose bekam, brach für uns die Welt zusammen. Nichts war mehr wie vorher.“

„Die Depression meines Mannes hat alles verändert. Er war doch immer der Starke und nun muss ich mich um alles kümmern.“

Herausforderungen

Nach einer Diagnose geraten viele Paare in ein Gefühlschaos. Typisch sind die Phasen wie Verleugnung, Zorn, Verhandeln, Trauer und Akzeptanz. Anfangs richtet sich der Blick auf medizinische Hilfe, Termine und Behandlungen. Doch das verändert den Alltag grundlegend: Klinikaufenthalte, Therapien und Einschränkungen stellen das bisherige Zusammenleben auf den Kopf und Rollen verändern sich. Was früher selbstverständlich aufgeteilt war, verschiebt sich. Die Partnerschaft gerät in eine Schieflage.

Auch die Sicht auf die Krankheit kann sich unterscheiden.  Während der Erkrankte vielleicht auf eine Therapie verzichten möchte, klammert sich der Partner an jede Chance. Diese unterschiedlichen Strategien führen nicht selten zum Konflikt.
Hinzu kommt, dass Angehörige anfangs über ihre Grenzen hinaus helfen – und so langfristig Gefahr laufen, sich zu erschöpfen. Schuldgefühle, Gereiztheit oder das Gefühl, keine Wahl zu haben, belasten dann zusätzlich.

Wenn Scham zum Rückzug führt

Nicht nur körperliche Leiden, auch psychische Erkrankungen oder Erkrankungen mit Tabucharakter – etwa Depression, Demenz oder Krebs – belasten Beziehungen zusätzlich. Viele Paare ziehen sich zurück, aus Angst vor Stigmatisierung oder aus Scham, nicht mehr „funktionieren“ zu können. Doch genau dieser Rückzug verstärkt die Isolation.

Veränderungen in der Partnerschaft

Die Krankheit wirkt sich direkt auf die Beziehung aus. Müdigkeit, Schmerzen oder kognitive Einschränkungen schränken Unternehmungen ein. Klinikaufenthalte und fehlende körperliche Nähe können die Bindung schwächen. Depressionen verändern Persönlichkeiten. Der ehemals starke Partner wirkt plötzlich ängstlich oder gereizt.
Hinzu kommen die Sorgen um die Existenz, etwa durch mögliche Arbeitsunfähigkeit. Wie stark all das eine Partnerschaft belastet, hängt davon ab, wie stabil sie schon vorher war, welche Ressourcen vorhanden sind und ob ein unterstützendes Umfeld da ist.

Hilfen zur Bewältigung

Im Gespräch bleiben

Offene Kommunikation ist zentral, auch wenn es schwerfällt, Gefühle, Sorgen und Bedürfnisse auszusprechen. Wer einander zuhört, ohne zu bewerten, schafft Nähe und Verständnis – selbst wenn die Sichtweisen unterschiedlich bleiben.

Gefühle zulassen

Oft wollen Partner einander schonen und sprechen nicht über ihre Ängste. Doch gerade das Teilen von Sorgen und Hoffnungen schafft Verbundenheit. Wer erfährt, dass man den Weg gemeinsam geht, entwickelt mehr Vertrauen in die nächsten Schritte.

Eigene Kräfte achten

Angehörige graten oft selbst in Not. Unsicherheit, Schlafmangel, Pflegeaufgaben, Symptome wie Erschöpfung oder Schlafstörungen sind ernst zu nehmen. Pausen, kleine Freiräume und Unterstützung durch Freunde oder Familie sind wichtig – ebenso das Bewusstsein, dass auch der gesunde Partner Erholung braucht.

Gottvertrauen

Darauf vertrauen, dass man diesen Weg nicht alleine gehen muss, ist für uns Christen ein wichtiger Halt.  Ein Gebet, oder der Wunsch, andere mögen es für einen tun, kann Trost spenden
„Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, dass sie dich auf Händen tragen“ < Ps 91,11f.> - das macht Hoffnung.

Sich Hilfe holen

Selbsthilfegruppen bieten die Möglichkeit, sich mit anderen auszutauschen, die Ähnliches erleben. Hier können Betroffene und Angehörige Verständnis, Mut und Kraft finden.

Beratung
Auch Beratungsstellen, psychoonkologische Dienste, Palliativteams oder Seelsorge können wichtige Stützen sein. Sie bieten Raum, Gefühle zu verarbeiten, Fragen zu klären und auch über Schweres wie Vorsorgevollmachten, Patientenverfügung und das Sterben zu sprechen. Das kann erleichtern und schafft Sicherheit.

Neue Perspektiven entwickeln

Nicht jede chronische Erkrankung ist lebensbedrohlich, doch sie erfordert Anpassung, mehr Flexibilität, das Loslassen alter Gewohnheiten und Vertrauen in neue Schritte. Resilienz bedeutet, das zu stärken, was Halt gibt – Partnerschaft, kleine Alltagsfreuden, eigene Werte – und gleichzeitig offen zu sein für neue Wege.

Manche Paare entwickeln überraschend kreative Lösungen:
– „Nachdem wir verstanden haben, wie die Geräte funktionieren, haben wir mit Humor eine Technik gefunden, um damit unterwegs zu sein.“
– „Unsere Gespräche haben eine neue Zärtlichkeit bekommen.“

Auch wenn vieles nicht mehr möglich ist, bleibt Raum für Nähe und neue Erfahrungen.

Resümee

Eine chronische oder lebensbedrohliche Erkrankung verändert jede Partnerschaft. Offene Kommunikation, gegenseitiges Verständnis und ein unterstützendes Umfeld sind entscheidend. Resilienz wächst in der Krise: durch Akzeptanz, Selbstfürsorge, Vertrauen in die eigenen Kräfte und die Fähigkeit, gemeinsam zu trauern. So können Paare trotz Krankheit Wege finden, miteinander zu leben und neue Perspektiven zu entdecken.

Unsere Beratungsstelle bietet dabei fachkundige Begleitung und ein offenes Ohr.

Erstellt am 04.11.2025 von Ursula Dannhäuser