Die Ehe-Familien-Lebensberatung im Erzbistum Köln
Digitalität

Wenn Algorithmen das Herz berühren

Wenn Algorithmen das Herz berühren

Resonanz zwischen Mensch und scheinbar empathischer Technologie.

Foto von Igor Omilaev auf Unsplash

Seit Ende 2022 ist Chat GPT frei zugänglich und hat gezeigt, wie stark Künstliche Intelligenz (KI) die Welt verändert. KIs können Abschlussarbeiten schreiben, autonome Fahrzeuge steuern, als Alexa und Co. jegliche Fragen im Alltag beantworten, den Urlaub planen, E-Mail-Antworten vorschlagen, Gesichtserkennung übers Smartphone steuern etc.. KIs bieten Entlastungen an, indem sie Aufgaben übernehmen, die man ansonsten selbst tun würde. Jetzt geht die Möglichkeit der Nutzung von KIs aber noch weiter. Kann eine KI aktuell auch schon emotional entlasten und begleiten, indem sie scheinbare Empathie schenkt und Verständnis in emotionalen Belangen zeigt?


Die "ARD-Wissen"-Dokumentation "Better than Human?" von MDR und WDR (ausgestrahlt am 08.01.24; abspielbar in der ARD-Mediathek) hat hierzu ein ungewöhnliches Experiment durchgeführt. Drei Proband:innen lassen sich in ihren emotionalen Krisen von einer KI beraten. Die Reaktionen der Experiment-Teilnehmer:innen sind verblüffend. Zwei der drei Proband:innen scheinen von den Antworten der KI tief berührt zu sein und beschreiben eine deutliche emotionale Entlastung durch die Begleitung der KI. Die dritte Probandin hingegen sagt deutlich, dass es sich für sie nicht stimmig angefühlt habe, einem PC von ihren Sorgen zu erzählen. Wir Autorinnen stehen zwischen tiefer Faszination und Entsetzen, als wir uns die Doku anschauen. Kann eine KI-Empathie vermitteln und es so aussehen lassen, als würde sie in Resonanz gehen?

Was ist eigentlich KI?

Künstliche Intelligenz ist die Fähigkeit einer Maschine, menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen und Kreativität zu imitieren.

KI ermöglicht es technischen Systemen, ihre Umwelt wahrzunehmen, mit dem Wahrgenommenen umzugehen und Probleme zu lösen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Der Computer empfängt Daten (die bereits über eigene Sensoren, zum Beispiel eine Kamera, vorbereitet oder gesammelt wurden), verarbeitet sie und reagiert.

KI-Systeme sind in der Lage, ihr Handeln anzupassen, indem sie die Folgen früherer Aktionen analysieren und autonom arbeiten.

Neben der Vielschichtigkeit zeigt sich auch noch die Herausforderung der Schnelligkeit. Durch die schnelle Entwicklung der KI-Technologien erscheint es fordernd, Voraussagen zu treffen, wie sich dies auf die Individuen und die Gesellschaft auswirken wird. Das wiederum bewirkt Unsicherheit und zeigte sich auch beim Schreiben dieses Artikels als enorme Herausforderung im Hier und Jetzt zu bleiben und nicht in Zukunftsperspektiven à la: „Was, wenn in Zukunft der Beratungs-Bot uns alle überflüssig macht?“ oder eben: „Was, wenn wir demnächst sinnvoll Wartezeiten für Klienten mit einem EFL-Bot überbrücken können?“, abzudriften.

Auf die Frage, ob KI Resonanz-Gefühle erzeugen kann, können wir aus der Selbsterfahrung heraus mit einem klaren “Ja” antworten. Beim eigenen Ausprobieren, in der Recherche zu diesem Artikel, gab es richtige Momente des Erstaunens über die Gefühle von Resonanz und Verstanden-werdens, ausgelöst durch die Antwort des ChatBots. Hier erlebten wir es als bedeutsam, immer wieder zu spüren, wie wertvoll es ist nicht einem Teil blind zu folgen, sondern beiden Teilen genau nachzuspüren, dem neugierigen und dem vorsichtigen. Eine vollständige Ignoranz der KI-Technologie halten wir für problematisch, da wir die Befürchtung haben, dass uns diese Realität irgendwann einholen wird und wir dann nicht mehr mitgestalten können. Ein wiederum unreflektierter Umgang mit KI im emotionalen Bereich, der ausschließlich auf Neugier basiert, könnte potenziell Risiken mit sich bringen. Wir würden daher gern ermutigen auf die Suche nach allen inneren Anteilen zu gehen.
Wir wünschen uns den Raum für eine weitere Reflexion darüber, wie jeder Einzelne und auch die Gesellschaft mit der fortschreitenden KI-Entwicklung umgehen sollte und halten eine Thematisierung auch im Rahmen unseres Beratungskontextes für notwendig und gewinnbringend, denn es gibt bereits erste Beratungs- oder Coaching-BOTS auf dem freien Markt (z.B. Deprexis, Replica, Wysa, Eric AI).

Alinah Rockstroh

Stellenleitung Ratingen in Elternzeit
Ehe- Familien- und Lebensberaterin, Psychologin (M.Sc.)
Erstellt am 04.06.2024 von